Ironman Frankfurt 2017
6600 km Radfahren, 2200 km Laufen und 60 km Schwimmen (ja, ich weiß, sind nicht gerade viele Schwimmkilometer) in den letzten 12 Monaten ab dem Zeitpunkt der Anmeldung zum Ironman Frankfurt 2017. Das sind erstmal meine nüchternen Zahlen der Vorbereitung für den Tag X. Aber was wollen sie mir sagen? Reicht das? Habe ich richtig trainiert? Genug Ausdauereinheiten? Genug Koppeltraining? Und, und, und…. Alle diese Fragen geisterten natürlich die letzten Wochen und Tage vor dem großen Tag in meinem Kopf herum, und je näher der 09.07.2017 kam umso so nervöser wurde ich. Noch nervöser machte mich aber die Wettervorhersage für den Wettkampf. Beim ersten Checken des Wetterberichtes ca. 20 Tage vor dem Start sah es für mich eigentlich ganz positiv aus, 22 Grad und Sonnenschein. Gefühlt änderte sich die Prognose jeden zweiten Tag, und ließ die Temperaturen steigen. 3 Tage vorher waren wir dann bei 32 Grad und strahlenden Sonnenschein gelandet. Da ich bei solchen Temperaturen sehr leistungsanfällig bin, und deswegen auch schon mal einen Marathon (Rostock) nicht finishen konnte, war das für meinen Kopf nicht gerade motivierend. Klar, es ist das erste Mal auf der Langdistanz, und eigentlich sollte man sich natürlich sagen, Hauptsache finishen, Spaß haben, Erfahrung sammeln. Insgeheim hat man aber dennoch eine Vorstellung mit welcher Zeit man (unter normalen Umständen) gerne ins Ziel kommen möchte. Das wäre für mich die ominöse 12 Stunden Mauer gewesen. Nachdem der Umstand Hitze bis dahin trainingstechnisch nie Erwägung gefunden hat, und somit die große Unbekannte war, legte ich den Schalter in meinem Kopf einfach um, und gab als Marschrichtung „Finishen“ vor, egal mit welcher Zeit. Die direkten Vorbereitungen gingen dann am Freitag vor dem Rennwochenende los. Registrierung im Zielbereich am Mainkai. Startunterlagen abholen, einmal durch den Merchandise Store schlendern (natürlich kam ich auch nicht drum herum ein Ironman gebrandetes Kleidungsstück käuflich zu erwerben), und dann ab zur Wettkampfbesprechung. Als das Thema Neopren zum Schwimmen angesprochen wurde, kamen noch ein paar extra Schweißperlen auf meiner Stirn dazu. Auf Grund der hohen Temperaturen der letzten Tage, ging es auch rapide mit den Wassertemperaturen nach oben, und dass erst am Sonntag, kurz vor dem Start, entschieden wird, ob ja oder nein. Wie bekannt, bin ich schwimmtechnisch nicht so aufgestellt wie beim Radfahren und Laufen, und deswegen auf jegliches „Hilfsmittel“ angewiesen bin. Am Samstag war dann noch die Bikeabgabe am Langener Waldsee angesagt, wo die erste Wechselzone eingerichtet wurde. Hier gab es bei der Registrierung 3 verschieden farbige Beutel, die im Vorfeld so gepackt werden mussten, dass das benötigte Equipment dann bei den Wechseln zur Verfügung stand. Irgendwie macht man sich selbst ja total verrückt, und checkt mehrfach ob nun wirklich auch die Radschuhe, Brille, Helm, Laufschuhe, Kappe, etc…in den richtigen Beutel gepackt wurde. Abends traditionell noch mal Pasta satt, und dann versucht zu Schlafen. Naja, war zu erwarten, dass das mit dem Schlaf nicht so wirklich funktionierte. Mein Kopf lief nach wie vor auf Hochtouren.
Raceday:
Wecker 03:30 Uhr. 4 Scheiben Toastbrot mit Honig und dazu 3 Tassen Kaffee, in den Triathlonanzug gesprungen, Neopren eingepackt und los ging es zum Start an den Langener Waldsee. Kurz nach 05:00 Uhr dort eingetroffen, herrschte schon reges Treiben in der Wechselzone, und man konnte die Anspannung bei den meisten schon erkennen. Die letzten Reifen wurden aufgepumpt, die Fahrräder mit Flaschen bzw. Trinksystemen ausgestattet, Gels und Riegel an das Oberrohr geklebt, meterlange Schlangen an den Dixi WCs. Auch ich füllte meine Trinkblase und die Reserveflasche unter dem Sattel auf, ging nochmal den Weg vom Wechselzelt zum Fahrradständer ab, damit das später auch alles klappt, und ich nicht hirnlos in der Gegend herumlaufe, um mein Rad zu suchen. Bei knapp 3000 Rädern könnte das ansonsten etwas dauern. Und dann endlich, um 05:30 Uhr wurde bestätigt, dass Neo erlaubt ist. Nur die Profis durften keinen anziehen. Wassertemperatur lag bei 24,2 Grad, also grade mal ganz knapp unter dem Limit für die Langdistanz. Puh, Glück gehabt! Wer wollte, konnte sich jetzt noch einschwimmen. Da habe ich drauf verzichtet. Bei meiner Schwimmperformance hätte das eh keinen Wert. Ich lief einfach ein wenig in der Gegend rum, und versuchte mich so noch ein wenig abzulenken, und meine Nerven in Griff zu bekommen. Kurz vor 06:30 Uhr schlüpfte ich dann in meinen Neo, blaue Badekappe und Brille auf, und lauschte der Nationalhymne, bevor es Punkt halb sieben mit den Start der Profi-Männer los ging, danach die Profi-Frauen. Was ich absolut toll fand, dass es keinen Massenstart für die AK-Athleten gab, sondern einen sogenannten Rolling Start, wo alle paar Sekunden immer eine Handvoll Sportler losgeschickt wurden. Zuvor konnte man sich auch noch nach seiner geschätzten, persönlichen Schwimmzeit einreihen. Es stand zur Wahl: unter 01:00/01:00-01:10/01:10-01:20/01:20-01:30/über 01:30. Da fiel mir die Wahl sehr leicht, und stellte mich ganz hinten in die Reihe von 01:20-01:30. Ab 06:40 Uhr wurden die AK-Athleten auf die Reise geschickt.
Schwimmen:
Und um 07:03 Uhr ging es auch für mich los. Uhr gedrückt, und dann ab in die Fluten. Kein Treten, kein Hauen, einfach nur stressfreies Schwimmen, weil alle rundherum die gleiche Pace hatten. Klar, ab und zu gab es mal den ein oder anderen Körperkontakt, aber nichts Dramatisches. Wie gewohnt ging es in meinem Wohlfühltempo los, und Boje um Boje wurde links liegen gelassen. Mittlerweile hatte sich die Vorstartanspannung auch deutlich bei mir gelöst und ich war im Rhythmus. Da zu diesem Zeitpunkt die Sonne ja auch schon längst aufgegangen ist, und noch sehr tief stand, war nach der ersten Wende Blindflug angesagt. Da ich nach wie vor immer nur zu einer Seite atme, blieb mir auch nichts anderes übrig das so zu akzeptieren. Ich habe immer nur geschaut, dass links und rechts auch noch Leute schwimmen, dann konnte ich nicht so falsch sein. Nach 1,5 km ging es kurz an Land, bevor die zweite, etwas größere Schleife losging. Beim Blick auf die Uhr war ich mit der Zeit absolut im Soll, was ich mir in etwa ausgerechnet hatte, 35 min, nur die Distanz machte mich etwas stutzig. Meine Uhr zeigte schon 1,9 km an. Also so viel Zick-Zack bin ich mit Sicherheit nicht geschwommen(hoffe ich zumindest)….ansonsten wäre der Speed ja für meine Verhältnisse sensationell, aber meine Uhr spinnt beim Freiwasserschwimmen eh gerne mal rum. So ging es nun auf die nächste Schleife. Wie schon bei der ersten Runde war der Rückweg wieder reiner Blindflug. In Gedanken war ich hier schon in der Wechselzone und bin den Ablauf im Kopf nochmal mehrfach durchgegangen. Nach 3,8 km und 01:26 hatte ich wieder festen Boden unter den Füssen (meine Uhr zeigte jetzt 4,5 km!!!), und ich war genau in meiner geplanten Schwimmzeit zwischen 01:25 und 01:30. Schwimmen….Check!!! Meine „Lieblingsdisziplin“ endlich vorbei! Neo bis zur Hüfte schon mal auf dem Weg zum Wechselzelt ausgezogen, Wechselbeutel vom Ständer gepackt, und im Zelt dann den Wechsel aufs Rad vorbereitet. Neo aus, Helm auf, Brille auf, Verpflegung und Reserveschlauch in die Rückentaschen verfrachtet, Radschuhe an, Sonnenspray aufgetragen, Neo in den nun leeren Beutel gepackt, in die Drop Off Zone geschmissen und weiter ging es zu Rad. Es hat ja auch durchaus etwas positives wenn man etwas später aus dem Wasser kommt, dann stehen da nicht mehr so viele Räder rum, und die Suche dauert nicht so lange. Rad geschnappt, bis zur Startlinie gelaufen, und dann ging es auch hier los.
Rad:
Erstmal gleich einen kleinen Gang eingelegt um auf eine hohe Trittfrequenz zu kommen, damit die Muskeln erst mal warm werden. Auf den ersten Kilometern Richtung Frankfurt Innenstadt auch gleich noch mit fester Nahrung verpflegt. Dazu hatte ich mir noch 2 Laugenstangen organisiert, das sich aus diversen Trainingseinheiten als praktikabel erwiesen hat, und möglich war, diese bei noch relativ niedrigen Pulswerten aufzunehmen. (Das wird sich später noch ändern). Der Wind spielte an diesem Tag so gut wie gar keine Rolle, nicht so wie bei manch einer Trainingsfahrt an der Küste, wo ja mal gerne immer eine Brise weht. Es war jetzt kurz vor 09:00 Uhr und man merkte jetzt schon, dass es wieder ein sehr warmer Tag wird. Und was ich auch gleich merkte, war, dass es am Rad einfach lief. Fast schon zu gut, und ich musste mich wirklich bremsen nicht zu überpacen….ein paar Stunden würden ja noch vor mir liegen. So ging es anfangs mit einem 33-35 km/h Schnitt dahin, und sammelte jede Menge bessere Schwimmer ein. Für den Kopf natürlich absolut motivierend. Nach etwa 12 km Anfahrt in die City, ging es los auf die erste der beiden Radrunden durch den Taunus und das Frankfurter Umland. Insgesamt standen heute 1000 Höhenmeter auf den 180 km auf dem Programm, was sich im ersten Moment evtl. nach viel anhört, aber die waren ganz gut verteilt. Nach ca. 25 km kam dann „The Beast“. Das war der erste kurze, knackige Anstieg des Tages, war aber nach den paar Kilometern noch nicht weiter schlimm. Schlimm wurde es dann ca. 5 km weiter bei „The Hell“. Das ist ein 500 m langer Kopfsteinpflasterteil durch den Ort, wo du mal so richtig durchgeschüttelt wirst, und auf dein Material hoffst und vertraust, dass das auch alles hält. Federung wie bei Mountainbikes ist bei den Triathlonmaschinen ja Fehlanzeige! Im Anschluss folgte dann der „Hühnerberg“, welcher der längste Anstieg des Tages war. Auch hier lief es wunderbar, und ich kassierte Fahrer um Fahrer. Gefolgt von rasanten Abfahrten (Sieger Sebastian Kienle ist da mit 90 Sachen runtergedonnert), wobei ich eher der „Schisser“ bin, da man mit den Aerolaufrädern gerne mal bei böigen Seitenwind versetzt werden kann, und bei mehr als 60 km/h ist mir das dann doch zu riskant! Die Verpflegung klappte eigentlich auch immer wunderbar. Habe bei jeder Zone meine Flasche mit ISO gewechselt, und habe auch brav meine Riegel und Gels zu mir genommen. Nach ca. 60 km erreicht man den nördlichsten Punkt der Radstrecke, Friedberg, und dann geht es wieder Richtung Frankfurt zurück. Ein absolutes Highlight der Radstrecke ist der „Heartbreak Hill“ in Bad Vilbel. Hier stehen die Zuschauer Spalier und treiben dich den Anstieg hoch. Hier kommt ein wenig Tour de France Alpenetappen Feeling auf. Kurz danach hörte ich schon die Blaulichtsirenen des Polizeimotorrades, was so viel bedeutet wie, Platz machen, jetzt kommt die Spitze der Profis angerauscht. Und so war es auch. So schnell sie gekommen sind, war das Spitzenduo auch schon wieder weg. Der Unterschied war, die waren mit der Radstrecke fast fertig, ich musste noch mal in die 2. Runde. Fazit der ersten Runde: Noch keine Anzeichen von irgendwelchen Problemen, weder muskulär oder im Kopf, und der Schnitt lag bei 34 km/h auf den ersten 90 km. Die Uhr zeigte nun High Noon und da kaum Wind auf der Strecke war, war es nun schon sehr heiß, und die ein oder andere Wasserflasche an den Verpflegungsstationen wanderte über den Kopf und Nacken. Also dann das ganze nochmal. Die Strecke war ja nun schon bekannt, Überraschungen blieben also aus. Beim zweiten Durchfahren des Kopfsteinpflasters verlor ich zuerst durch das Geschüttle meine Trinkflasche, was aber nicht so schlimm war, hatte noch genug in meiner Trinkblase. Das sollte reichen bis zur nächsten Station. Und ein paar Meter weiter verlor ich dann meine Reserve CO2 Patrone, die an der Sattelstütze befestigt war. Hab kurz überlegt anzuhalten, aber hab die Idee auch gleich wieder verworfen. Bei einem eventuellen Platten hätte ich ja noch eine zweite dabei. Gleich vorweg….Platten blieb Gott sei Dank aus….hatte ja auch schon genug während der Trainingseinheiten. Apropos Platten….bei der besagten schnellen Abfahrt gab es kurz mal einen Schreckmoment. Ein Athlet hatte mich grade bergab überholt und sich wieder vor mir eingereiht, als es plötzlich einen lauten Knall machte. Sofort ging mein Blick nach unten, ob das etwa mein Reifen war. Gott sei Dank nicht, auch wenn man das wirklich keinem wünscht, war ich natürlich erleichtert. Der Kollege hatte sein Rad aber unter Kontrolle und bremste gekonnt ab. So ging Kilometer um Kilometer ins Land und schon waren die letzten 20 km der Radstrecke angebrochen. Schnitt pendelte sich bei 33 km/h ein. Da hatte ich dann doch ein wenig Bammel, ob ich evtl. doch überpacet habe, da ich nun doch um einiges schneller unterwegs war als mein Plan. Gerechnet habe ich mit einem 30er Schnitt, also 6 Stunden Radfahrt. Aber ich hörte in meinen Körper, und der signalisierte mir….alles OK! Beim Wechsel blieb die Uhr bei 05:20 stehen, was mir einen riesigen Polster für die Laufstrecke mitgab, aber ich versuchte noch nicht dran zu denken, was denn nun alles möglich ist. Dafür ist der Marathon einfach zu lang, und es kann jederzeit etwas passieren. Hier hatte man tatsächlich kurz mal das Gefühl wie ein Profi, da einem das Rad abgenommen wurde und von Helfern zum Radständer gebracht wurde. Auch hier dann, gleiches Prozedere in der Wechselzone. Beutel mit meiner Startnummer geschnappt, wo die Laufschuhe und Kappe deponiert waren, und nochmal neue Sonnencreme, denn jetzt sollte es noch mal richtig von oben knallen. Nachdem ich einige Liter Flüssigkeit schon beim Radfahren aufgenommen hatte, und anscheinend noch nicht wieder alles verdunstet ist, legte ich hier noch einen kleinen Boxenstopp ein, aber ein paar Sekunden später ging es dann auf die Laufstrecke.
Laufen:
Beim Radfahren gab es ja schon ein paar Stimmungsnester entlang der Strecke, aber nun wurde es richtig laut. Beim Verlassen der Wechselzone hörte ich den Sprecher, dass Sebastian Kienle kurz vor dem Ziel ist, und gleich in den Zielkanal einlaufen wird. Wahnsinn eigentlich, gut, die sind eine gute halbe Stunde früher gestartet, aber der hat gleich Feierabend, und ich fang erst mit dem Marathon an. Eigentlich konnte man sagen, jetzt beginnt das Rennen erst wirklich. Aus Erfahrung kommt der Mann mit dem Hammer meistens ohne Vorankündigung. Diesen Zeitpunkt wollte ich so gut es ging nach hinten hinausschieben, bzw. am liebsten gar keine Bekanntschaft machen. Leider hat man, wenn man nach dem Radfahren losläuft das Gefühl, dass man steht, da der Geschwindigkeitsunterschied so groß ist. So lief ich meines Erachtens locker los, beim Blick auf die Uhr, zeigte diese aber eine 04:15 Pace an. Da ging ich gleich nochmal vom Gas, auch wenn es vom Gefühl wie Walking war, aber ich dachte nur, das hältst du ansonsten keine 10 km durch. Als es auf die Laufstrecke ging, war es ziemlich genau 14:00 Uhr und die Sonne unerbärmlich. Nach ca. 500 m kam auch schon die erste Wasserstation und los ging es mit Wasser über den Kopf(je 2 Becher) und einen Becher ISO in den Körper. Da sollte nun bei jeder Station so ablaufen. Ich kann sagen, ich war kein einziges Mal trocken auf der ganzen Laufstrecke. Hat also prima funktioniert. Am genialsten war aber, dass bei jeder zweiten Verpflegung auch Eiswürfel gereicht wurden. Davon gingen dann ein paar unter die Kappe, ein paar in den Nacken, und wo sonst noch so Platz war. Zu absolvieren waren 4 x 10,5 km Runden, also hat mein Kopf die Aufgabe bekommen, nie an 42,2 km zu denken, sondern nur von Runde zu Runde. Ich versuchte mich bei etwa 5:10-05:15 einzupendeln, was auch ganz gut gelang. Ich wußte zwar, dass es hintenraus mit Sicherheit langsamer werden wird, aber das war mir so was von egal! Mittlerweile hatte ich meinen Rhythmus gefunden, einerseits beim Laufen, aber auch was die Verpflegungsabfolge betraf. Festung Nahrung ging nun so gut wie gar nicht mehr, ab und zu mal 2 kleine Salzbrezel, aber größtenteils nur noch Gels(mein Verlangen ist erstmal für die nächsten Wochen/Monate gedeckt). Die Laufrunde ging immer entlang des Mains entlang mit 2 Brückenquerungen, und jeder Zentimeter Schatten wurde auch von mir genutzt. Dann war die erste Runde auch schon geschafft, und dann waren es „nur“ noch 3. Der Rhythmus blieb nach wie vor gleich. Wasser, ISO, Gel, Eiswürfel, Schwämme, ab und zu mal eine Brise Salz. Alle paar Kilometer waren auch Duschen zum Durchlaufen aufgestellt, wie gesagt, trocken war ich den ganzen Lauf nicht! Kurz vor Ende jeder Runde gab es ein Rundenband, in unterschiedlichen Farben, je nach Rundenanzahl. Wer ein grünes, gelbes, blaues und rotes Band hatte, durfte danach ins Ziel laufen. Nachdem die 2. Runde nun beendet war, sagte der Kopf…OK Halbzeit, 2 x muss ich noch. Beim 2. Durchlauf hielt ich schon mal Ausschau nach meiner Familie, die nun auch irgendwo an der Strecke stehen sollte. Durch das ständige Abkühlen mit Wasser und Eiswürfel war es nun sogar fast erträglich geworden, fies waren nach wie vor die Stellen auf den freien Plätzen ohne Bäume, wo die Sonne so richtig ihre Macht ausspielte. Anfang der 3. Runde verspürte ich so ein komisches Gefühl in der Magengegend. Zuerst dachte ich geht wieder weg, aber nach knapp 2 Stunden Laufen wollte das Gemisch aus Gels/Riegel/ISO den Körper wieder verlassen, und somit war das nächste Dixi meins. Details erspare ich euch. Ihr wisst ja wie die aussehen können, ist dir aber in diesem Moment ziemlich egal! Umso lockerer ging es weiter, und ein paar hundert Meter weiter standen sie auch schon. Meine Frau, mein Sohn, mein bester Kumpel. Brauche ich nicht zu erwähnen, dass das selbstverständlich noch mal einen riesigen extra Schub gab, der mich ein paar Minuten später schon bis zum nächsten Rundenband brachte. Ende der 3. Runde hörte ich nochmal ganz tief in meinen Körper, um jedes Signal zu erkennen, das er mir schickt. Jetzt keinen Blödsinn mehr machen, Tempo beibehalten, immer wieder in den Verpflegungsstationen gehen und den für gut befundenen Ablauf wiederholen. Klar, die Knie fangen nun schon an zu schmerzen, die Achillessehne wird auch langsam fest, der rechte hintere Oberschenkel signalisiert schon „wenn du jetzt eine falsche Bewegung machst, dann fahre ich dir sowas von mit einem Krampf dazwischen.“ Gehwegabsätze wurden nun schon zu fast unüberwindbaren Hindernissen. Brückenanstiege am besten nur noch im leichten Trab bewältigen. Jetzt setzte langsam die Mischung von Vorfreude, aber trotzdem bitte nicht zu früh freuen, ein. Mitte der 4. Runde gönnte ich mir dann die erste Cola und Red Bull Schorle, da konnte ich keinen Tropfen ISO oder Wasser mehr trinken, auch wenn das Cola/Red Bull Gemisch gleich nochmal ein Grummeln im Bauch hervorrief, aber hier blieb alles Save. Bei Kilometer 37 stand dann noch mal mein Kumpel auf der anderen Seite des Mains, um mir nochmal die restliche Motivation mitzugeben. Meine Familie hat sich da bereits schon Richtung Zieleinlauf begeben. Ab jetzt war die Zeit der großen Gefühle angebrochen. Immer im Wechsel zwischen, Ja, jetzt ist es gleich geschafft, und was ist, wenn jetzt auf einmal gar nichts mehr geht! Das letzte Mal in die Reihe mit dem 4. Rundenband eingereiht, und die letzten 2 km waren angebrochen. Es ist zwar nicht schön, wenn man teils die anderen Athleten schon völlig fertig nur noch langsam gehen sieht, und wenn man selbst sich dann doch noch einigermaßen läuferisch fortbewegt, gibt das trotzdem noch mal den letzten Kick. Letzte Brücke, die letzten 1000 Meter, der letzte Becher Wasser über den Kopf, rein in den Körper ging jetzt eh gar nichts mehr! Die Kühlschwämme entsorgt, das Trikot ordentlich zugemacht (man will ja auch gut beim Zieleinlauf aussehen), und ab jetzt einfach nur noch genießen. Genau diesen Moment habe ich mir in den letzten Wochen/Monaten so oft vorgestellt, wie er denn sein wird. Ganz ehrlich, das kann man nicht beschreiben. Man biegt in die Zielgerade ein, läuft über den schwarz-roten Ironman Teppich, links und rechts die Zuschauer bilden ein Spalier, rufen deinen Namen, und peitschen dich ins Ziel. 100 m davor hatte sich meine Familie positioniert, und mit einem kräftigen „Yes“ wurde noch mal abgeklatscht. Die letzten paar Meter sind einfach nur Gänsehaut pur, und dir schießen so viele Gedanken durch den Kopf.
Der Moderator erwähnt deinen Namen und ich laufe mit einem Aufschrei der Freude durch den Zielbogen. In diesem Moment bist du der erschöpfteste, aber wahrscheinlich glücklichste Mensch der Welt. Beim Blick auf die Zeitnahme sehe ich dann noch, dass unter meinem Namen eine Zeit von 10:50:14 steht. Ja, ich weiß, ich staple meistens etwas tiefer, und dann läuft es wesentlich besser als gedacht. Wahrscheinlich will ich mich einfach so vor Enttäuschungen schützen. Klar, spukten die 12 Stunden immer mal wieder in meinem Kopf rum. Vor allem nach dem Radfahren war ich mir schon bewusst, dass jetzt nur noch ein kapitaler Einbruch diese Marke verhindern kann. Aber das könnt ihr mir glauben, eine Zeit von unter 11 Stunden hätte ich in meinen kühnsten Rechenbeispielen nie erwartet. Im Zielkanal gab´s dann gleich die Medaille (das Ding ist so schwer, das zieht dir nach der Anstrengung richtig den Kopf runter). Die Fotografen verrichten auch gleich ihren Job, und knipsen dich vor der Ironman Wand, deren Fotos man dann im Nachgang für teures Geld käuflich erwerben kann. (Wahrscheinlich werde ich auch einer von denen sein!) Im Athletic Garden, wo sich die ganzen ins Ziel gekommenen Teilnehmer sammeln, bekommt man nun einiges zu sehen. Von Freudentränen, über völlige Erschöpfung (was eigentlich der Normalzustand ist), bis hin zum Abtransport auf der Trage. Ich wollte eigentlich nur so schnell wie möglich Kontakt zu meiner Familie aufnehmen, und holte mir deswegen zuerst meinen Klamottenbeutel mit dem Telefon. Zuerst die üblichen WhatsApp, dass es mir gut geht, und weitere Infos folgen. Nach kurzer Verschnaufpause, und endlich kein ISO, sondern Bier (alkfrei), ging es zum Treffen in die Mixzone mit der Familie und Kumpel. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei meiner Frau bedanken, erstens, dass sie live vor Ort war, Berichterstattung im livestream Modus zu den Zuhausegebliebenen gemacht hat, und zweitens, dass sie so verständnisvoll mit so einem irren Typen wie mich ist, vor allem was den ganzen Trainingsaufwand, und die viele Zeit die damit drauf geht, betrifft. Mein Sohn hat Bilder mit der Kamera gemacht, da freue ich mich schon drauf, die zu sehen. Und Dank an meinen Kumpel, der mich in der Zeit in Frankfurt aufgenommen hat und für mich gesorgt hat. Jetzt, einen Tag danach, ist es trotzdem noch irgendwie irreal, was ich da gestern vollbracht habe. Ich glaube, da brauche ich noch ein paar Tage für. Körperlich fühle ich mich eigentlich den Umständen entsprechend ganz gut. Um nochmal auf den Einstieg zurück zu kommen. Anscheinend war die Vorbereitung dann doch ziemlich passend, und der Aufwand hat sich definitiv gelohnt. Ja, es steckt einiges an Trainingsfleiß drinnen, aber die Belohnung etwas geschafft zu haben, was bis vor kurzem noch ganz weit weg und nicht wirklich greifbar war, ist enorm. Also, falls einer von euch dieses Ziel auf seiner Liste stehen hat, sagt Bescheid. Ich helfe wo ich kann.
Und abschließend noch mal die Worte vom Zieleinlauf:
„Bernhard, you are an Ironman!“
=> Viele weitere Fotos findet Ihr hier
Alle Ergebnisse findet Ihr online unter:
http://www.ironman.com/de-de/triathlon/events/emea/ironman/frankfurt/ergebnisse.aspx#axzz4moR09v00
Hier noch ein paar empfehlenswerte Laufbücher (weitere Infos zu den Büchern und Bestellmöglichkeit durch Klick auf das Cover):